bookmark_borderHarte Entscheidungen

Werde entscheidend! Dann bist Du entscheidend!“ – dieser Spruch im (zugegebenermaßen etwas kitschigen) Lebensfreude-Kalender des Pal-Verlags war vielleicht der Auslöser für diesen kurzen Text. Denn:

Vor diesem Schuljahr hatte ich Respekt. Respekt vor den Entscheidungen, von denen ich trotz allem überzeugt war. Respekt vor den Reaktionen darauf. Respekt vor der menschlichen Härte, die mir dafür zugeschrieben werden würde. Respekt vor der Tatsache, dass meine eigene Sichtweise nicht immer gesehen werden würde.

Foto von Jens Lelie auf Unsplash

Verantwortung für eine Organisation, für alle Menschen, die sie prägen, kann manchmal sehr schwer wiegen – gerade dann, wenn einem einzelne Schicksale sehr nahe gehen. Im Verlaufe des vergangenen Schuljahres bzw. an seinem Ende haben mehrere Kolleginnen und Kollegen die Schule verlassen – aus ganz unterschiedlichen Gründen, teils aus gesundheitlichen, teils aus beruflichen oder persönlichen Gründen.

Nicht immer schmerzfrei

Nicht alle Abschiede waren schmerzfrei, im Gegenteil. Es gab Verletzungen, enttäuschte Erwartungen, Trauer, Frust, harte Kritik an mir als Leitung – und sicher auch Trennungsaggression. Manche Nächte habe ich wach gelegen und immer wieder dieselben Fragen gewälzt: Habe ich richtig entschieden? War es unfair? Gab es Alternativen?

Und trotzdem würde ich wieder so handeln. Denn meine Verantwortung als Leitung geht weiter. Sie gilt genauso für die anderen Kolleginnen und Kollegen (und die Neuzugänge im kommenden Schuljahr) sowie – allen voran – für die Schülerinnen und Schüler. Sie alle haben es verdient, dass man sie in den Blick nimmt, dass Fürsorge nicht nur ein Wort ist.

Man kann nicht nicht entscheiden

Der Weg zu diesem Punkt war für mich hart: Ich musste mir eingestehen, zum Teil zu lange gewartet zu haben – und damit auch andere Menschen belastet zu haben. Frei nach Watzlawick: Man kann nicht nicht entscheiden. Und nicht zuletzt habe ich mich auch selbst belastet.

Klar geworden ist mir das nach und nach in Gesprächen mit Führungskräften aus Deutschland, Österreich und Italien, in vielen Begegnungen mit Schulleitungen, Organisationsentwicklern, systemischen Beratern und Psychologinnen. Ein Satz blieb besonders hängen: „Führung heißt nicht, allen zu gefallen, sondern alle im Blick zu haben und somit allen zu dienen.“ Banal, und doch so schwierig in der Umsetzung.

Und manchmal zeigt sich der Wert einer Entscheidung erst viel später – in einer verbesserten Grundstimmung, in einer positiven Rückmeldung einer Schülerin oder eines Elternteils, in einem „Danke“ im Lehrerzimmer oder in dem Gefühl, dass eine Klasse plötzlich aufblüht.

Und nun stehe ich da, insgesamt zufrieden mit dem Geschehenen, viele Erfahrungen reicher. Voller Zuversicht für das kommende Schuljahr. Ich freue mich wahnsinnig auf die Zusammenarbeit mit den Menschen, die gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen diese Schule prägen werden: Haustechniker, Sekretärinnen, Ganztagskräfte, das Team der Schulsozialarbeit – und natürlich die Lehrerinnen und Lehrer mit ihren guten Ideen und ihrer menschlichen Wärme.

Ich weiß jetzt, dass ich mehr entscheiden kann, darf und muss. Auch, wenn es manchmal hart ist. Vielleicht gerade dann.